Rudolf Thom begrüßt OB Rommel
Start der Feierlichkeiten für das Jubiläum Zazenhausens auf historischem Boden

Eigentlich hatten sich die Zazenhäuser gewünscht, es möge beim Festakt zum Auftakt der 1200-Jahr-Feier aus Kübeln regnen, um damit den "hohen Herren vom Stuttgarter Rathaus" die Notwendigkeit einer Mehrzweckhalle eindrucksvoll demonstrieren zu können. Aber es blieb sonnig, auch wenn in den Festreden schon ordentliche Gewitterwolken aufgezogen waren.
Foto: Thomas Hörner, 27.08.1988

Gestern begannen in Zazenhausen mit einem Festakt die Feiern zum 1200jährigen Bestehen

Das "Dorf mit Charme" seifte den OB ein

Bürger fühlen sich im Stich gelassen - Demnächst schließt auch noch das Lebensmittelgeschäft.

Von unserem Redaktionsmitglied Sabine Völker

Fast hätte Manfred Rommel statt nur verbaler Schläge auch noch richtige gekriegt. Die Zazenhäuser - ohnehin auf hohe Herren aus dem Stuttgarter Rathaus nicht gut zu sprechen - waren gestern abend richtig in Fahrt, um dem um eine halbe Stunde säumigen Oberbürgermeister beim Festakt zum Auftakt der 1200-Jahr-Feier zu zeigen, wo die Leut' hierzuorts den Most holen.

Der Vorsitzende des Bürgervereins, Rudolf W. Thom, ging mit dem OB hart ins Gericht: "Wir wollen Ihnen sagen, daß wir Sie durchschaut haben." Für ihn und seine Mitstreiter im "1335-Seelen-Dorf" wertet jedes Verzögern - sei es bei der Schaffung von Bauland, dem Bau einer Mehrzweckhalle, dem des Feuerwehrgerätehauses oder beim jetzt endlich in Gang gekommenen Dorferneuerungs-programm - als eine "Verdummung der Bürger". Er unterstellte dem Stadtoberhaupt, bei der Aus-weisung neuer Baugebiete Steine in den Weg zu werfen, weil Zazenhausen dann mehr Bürger bekäme und dann "womöglich noch mehr" Forderungen stellen würde. Er erinnerte an die Ein-gemeindungsverträge von 1933, die eine Gleichbehandlung Zazenhauses mit allen anderen Stadt-teilen vorsehen: "In Wirklichkeit krebsen wir hier am Existenzminimum herum."

Bezirksvorsteher Wolfgang Meyle konnte nur in die gleiche Kerbe schlagen: "Die Erhöhung der Bevölkerungszahl ist wichtig, damit auch die entsprechende lnfrastruktur gesichert werden kann." Der Bezirkschef spielte hier auf den öffentlichen Nahverkehr und die Schulversorgung an.

Der Oberbürgermeister wußte nicht viel entgegenzusetzen: "Zweifelsohne muß die Verkehrs-anbindung verbessert werden, aber es ist halt nicht alles zu realisieren, was wünschenswert wäre." Als er den Zazenhäusern für die nächsten 1200 Jahre alles Gute wünschte, ging ein hämisches Lachen durch die Runde. Der OB jedenfalls scheint an die Bewohner dieses "idyllischen Dorfes" fest zu glauben: "Ein solch' lebensfähiges Gemeinwesen wird weiterbestehen." Diese Lebensfähigkeit werden die Zazenhäuser trainieren, wenn Ende des Monats der einzige Lebensmittelladen seine Pforten schließt. Der Bezirksvorsteher weiß auch schon wie: "Metzger und Bäcker werden das Sortiment erweitern."

Zeitungsartikel dankenswerter ausgeliehen von Eleonore Lederer (Gesangverein Frohsinn).

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