Brückenhocketse zur Einweihung

Montag, 14. Juni 1982 ab 16 Uhr unter der Brücke

Brückenbelastung am Sonntag, 13. Juni 1982

1. Zug: Kornwestheim - Cannstatt 14.6.82 um 17.08 Uhr
1. Zug: Cannstatt - Kornwestheim 28.6.82 um 17.00 Uhr


 Aus der Presse

Schneller und leiser über den neuen Feuerbach-Viadukt

Seine Daten und Maße sind beeindruckend: 264 Meter lang, 34 Meter hoch, 9600 Tonnen schwer, 19 Millionen Mark (Anm. 9,7 Mio. Euro) teuer. Der neue Feuerbach-Viadukt in Zazenhausen ist gemeint. Er hatte gestern, nach zwei Jahren Bauzeit, seine Bewährungsprobe zu bestehen: die Überfahrt des ersten Zuges, gleichbedeutend mit der Aufnahme des Zugverkehrs über die neue Brücke im Verlauf der Güterstrecke Kornwestheim-Untertürkheim. Und weil man bei der Bundesbahn und auch in Zazenhausen schon wußte, daß die Premiere glücken würde, war am Fuß des Viadukts eine zünftige Hocketse organisiert worden. Der Clou des Tages aber war die Kapelle der Freiwilligen Feuerwehr: Sie fuhr im ersten Zug mit, ließ auf der Brücke halten und brachte der Festversammlung drunten ein passendes Ständchen. Dies allerdings war zugleich eine Art Abgesang auf den alten, unmittelbar danebenstehenden Viadukt: Vor 80 Jahren gebaut, hat die veraltete, reparaturanfällige Stahlkonstruktion nun ausgedient. Die Bürger sind's zufrieden, denn der Zuglärm auf der hochmodernen Stahlbetonhohlkastentalbrücke wird weit geringer sein, obwohl die Züge nun mit Tempo 90 darüberfahren: früher fuhren sie nur 80 Sachen: Und noch etwas: Der neue Viadukt besitzt eine "geschlossene Brückenfahrbahn", was bedeutet, daß das Regenwasser nicht herabtropft wie früher, sondern ordentlich abläuft und auch Gegenstände, Schmutz oder Staub nicht mehr herabfallen können. Bei 250 Zügen täglich ist das durchaus ein wesentlicher Fortschritt.
(tom) Foto: Wilhelm Mierendorf, Stuttgarter Zeitung vom 15.06.1982


Am Montagabend fuhr der erste Zug
über den neuen Eisenbahn-Viadukt bei Zazenhausen

Auf Spannbeton übers Feuerbachtal

(ddw) - Die Fanfaren der Feuerwehrkapelle kamen aus luftiger Höhe: 34 Meter über dem Erdboden stehend schmetterten die Musikanten mit den Blechblasinstrumenten ihre schmissigen Weisen auf die Hocketse hernieder, die anläßlich der Eröffnung des Feuerbach-Viadukts in Zazenhausen am Fuße dieser neuen Eisenbahnbrücke stattfand. Pünktlich um 17.09 Uhr rumpelte am Montagabend der erste Zug über das neue Bauwerk, was für die Hocketse-Gäste und die Zazenhausener nicht nur wegen dem Fahrgast „Musikkapelle", der hoch oben sein Ständchen spielte, ein besonderer Ohrenschmaus war. „Der Lärm der neuen Brücke wird vom Gefühl her mindestens halbiert", hatte Bundesbahn-lngenieur Wulf Sabban vesprochen.

Dem aufschlussreichen Phon-Vergleich sind derzeit nämlich noch Signal und Ohr geöffnet. Der Grund: die neue Brücke wird bis Samstag, 26. Juni, nur von Zügen befahren, die von Kornwestheim kommend in Richtung Untertürkheim verkehren. Die Schienenfahrzeuge in Gegenrichtung, also von Untertürkheim nach Kornwestheim, rollen während dieser Zeitspanne noch auf dem alten Viadukt. Auf jeder Brücke herrscht also Einbahn-Verkehr auf nur einem Gleis, Bundesbahn-Jargon: gemischter Betrieb.
Der findet dann am Samstag, dem 26. Juni, sein Ende: der Fahrbetrieb auf der alten, in den Jahren zwischen 1894 und 1904 erbauten Brücke, wird endgültig eingestellt. Zwei Tage lang bis Montag, den 28. Juni, wird der Verkehr eingleisig auf dem Schienenstrang Kornwestheim-Untertürkheim abgewickelt. Das zweite Gleis des neuen Feuerbach-Viadukts wird dann am Montagabend zum ersten Mal befahren: um 17.20 Uhr rollt der erste Zug (Nummer: Gag 57 674) von Untertürkheim kommend in Richtung Kornwestheim über die neue Brücke, die dann vollständig das alte Bauwerk abgelöst hat.
Der alte Viadukt, der direkt neben dem Neubau steht, wird dann Schritt für Schritt abgebaut. Gleise werden demontiert, die Überbauten entfernt und so der Abbruch des Viadukts vorbereitet, bei dem im übrigen nicht nur die parallelgurtigen Netzfachwerküberbauten aus Stahl und die Pfeiler, sondern auch die Auflagemauern an den beiden Talwänden abgetragen werden. Ob gesprengt oder "nur" abgebaut wird, darüber ist man sich bei der Bundesbahn noch nicht schlüssig, allein der Zeitplan steht. Wulf Sabban: „Spätestens im Sommer 1983 soll man vom alten Viadukt nichts mehr sehen."
Bis dahin wird es längst alltäglich sein, daß in 24 Stunden rund 259 Züge über den neuen Viadukt das Feuerbachtal bei Zazenhausen überqueren, die Jungfernfahrt am Dienstagabend entbehrte jedoch nicht einer erwartungsvollen Spannung. Passieren konnte im übrigen rein gar nichts: noch am Sonntagmorgen nämlich hatten die Bundesbahn-Techniker Belastungszüge über die Brücke fahren lassen, und dabei die Durchbiegungsgrade gemessen. „Theoretisch Errechnetes und praktisch Erprobtes haben hervorragend übereingestimmt", sagte Sabban.
So werfen die Konstrukteure zu Recht einen stolzen Blick auf die Brücke, die aus Spannbetonhohlkästen zusammengesetzt ist. Ein Bausystem, das die Bundesbahn zum ersten Mal in Zazenhausen bei einer größeren Talbrücke anwendete.
Und beachtlich sind Ausmaße des neuen Viadukts allemal, in Zahlen: Maximale Höhe 34 Meter, Länge 264 Meter, zwei Schienenstränge mit vier Meter Abstand, die auf Schotter gebettet sind. Fünf Pfeiler, die jeweils 44 Meter voneinander entfernt sind und einen Spannbetonhohlkasten tragen, der 1200 Tonnen schwer ist und auf dem 400 Tonnen Schotter und Gleis lagern. Zusammen haben die Brückenüberbauten damit ein Gewicht von 9600 Tonnen, der alte Viadukt wog gerade 1720 Tonnen. Eine Gewichtszunahme, die natürlich auch die geringere Lärmimmission bewirkt.
Eines freilich kann neue Brücke trotz ihrer eleganten Bauweise nicht ersetzen: der alte Viadukt ist eine Erinnerung an Eisenbahnzeiten von anno dazumal freilich nicht mehr lange.


264 Meter lang ist die neue Eisenbahnbrücke über das Feuerbachtal, die am Montag eingeweiht worden ist und die die Anlieger die Lärmbelästigung durch den Zugverkehr verringern soll.
Foto: Durchdenwald

Weitere Informationen zur Technik des Viaduktes im Buch "1200 Jahre Zazenhausen 788-1988"

Stand: 06.2007 [ Schließen ]